Spahns Vorschlag gleicht einem Herumdoktern am offenen Herzen. Sehenden Auges werden mit gleichem chirurgischem Besteck Symptome des Personalmangels behandelt, ohne die Ursachen zu bekämpfen. Personaluntergrenzen in Herzchirurgie, Neurologie und Stroke Units sind natürlich sinnvoll. Sie werden aber unter heutigen Bedingungen zu einem weiteren Verschiebungseffekt der Pflegekräfte in den Krankenhäusern führen und somit die Unterversorgungen in anderen Bereichen weiter verschärfen.
Was es braucht, sind zunächst einmal mehr Pflegekräfte. Dafür müssen wir den Pflegeberuf mit höherer Bezahlung, besseren Arbeitsbedingungen und einem Personalschlüssel, der sich am tatsächlichen Bedarf orientiert, attraktiver machen. Dann können wir die Operation am offenen Herzen ‚Gesundheitssystem‘ erfolgreich durchführen, die Attraktivität der Pflegebranche verbessern und nachhaltig die Personaldecke erhöhen.¹
„Während Bundesgesundheitsminister Spahn im Kosovo und anderen Ländern um dringend benötigte Pflegekräfte für Deutschland wirbt und den Einreiseprozess beschleunigen möchte, lässt Außenminister Maas zu, dass die Fachkräfte ausgebremst werden, weil sie mehr als ein Jahr auf einen Visum-Termin in den Botschaften warten müssen. Das ist ein Skandal!“ Das hat Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), anlässlich der gestrigen Fragestunde des Bundestages erklärt.
Auf Anfrage der Abgeordneten Filiz Polat (Bündnis 90/Die Grünen) hatte Michelle Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, berichtet, dass im ersten Halbjahr dieses Jahres 18.584 Visaanträge im Rahmen der Westbalkanregelung bearbeitet und rund 75 Prozent positiv beschieden worden seien. Sie räumte jedoch ein, dass die Wartezeiten auf einen Termin zur Visumantragsstellung „an allen Visastellen in den Westbalkanstaaten mit Ausnahme von Montenegro bei über einem Jahr“ liegen.
bpa-Präsident Meurer: „Eine solch lange Wartezeit für einen Termin zur Beantragung eines Visums konterkariert die Bemühungen von Minister Spahn genauso wie die des bpa, die Pflege in Deutschland sicher zu stellen, indem auch ausländische Fachkräfte schnellstmöglich nach Deutschland geholt werden. Angesichts unserer Versorgungsprobleme in der Pflege können wir uns das schlichtweg nicht leisten. Wir fordern daher Außenminister Maas dringend auf, schnellstens für Abhilfe zu sorgen und mehr Personal in den Botschaften für die Bearbeitung der Visaanträge bereit zu stellen.
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) bildet mit mehr als 11.000 aktiven Mitgliedseinrichtungen die größte Interessenvertretung privater Anbieter sozialer Dienstleistungen in Deutschland. Einrichtungen der ambulanten und (teil-)stationären Pflege, der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendhilfe in privater Trägerschaft sind im bpa organisiert. Die Mitglieder des bpa tragen die Verantwortung für rund 335.000 Arbeitsplätze und circa 25.000 Ausbildungsplätze (siehe www.youngpropflege.de oder auch www.facebook.com/Youngpropflege). Die Investitionen in die pflegerische Infrastruktur liegen bei etwa 26,6 Milliarden Euro.²
¹Partei Die Linke im Bundestag ²bpa - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V.