Geschönte Arbeitslosenstatistik: 370.000 Personen fallen aus der Arbeitslosenstatistik

Geschönte Arbeitslosenstatistik: 370.000 Personen fallen aus der Arbeitslosenstatistik

Die Zahl der Arbeitslosen im weiteren Sinne ist nach Angaben der Bundesregierung um rund 370.000 Personen höher als in der offiziellen Arbeitslosenzahl ausgewiesen. Das geht aus der Antwort des Arbeitsministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ vorliegt. „Im Dezember 2018 wurden 2.582.000 Personen in der Arbeitslosigkeit im weiteren Sinne gezählt, davon waren 2.210.000 Arbeitslose und 372.000 Personen in Aktivierungsmaßnahmen oder von der Sonderregelung für Ältere erfasst“, heißt es in der Antwort. Die Bundesagentur für Arbeit rechnet Erwerbslose im Alter von über 58 Jahren aus der Arbeitslosenstatistik heraus.

Dies seien allein unter den Langzeitarbeitslosen, die das Arbeitslosengeld II erhalten, Ende vergangenen Jahres 170.000 Personen gewesen, heißt es in der Antwort. Ihre Zahl ist demnach seit 2013 ebenso deutlich gestiegen wie die Zahl der Arbeitslosengeld-II-Bezieher in Aktivierungsmaßnahmen. „Während die offizielle Arbeitslosigkeit sinkt, steigt die Zahl der Menschen, die aufgrund ihres Alters oder ihrer Teilnahme an sinnlosen Aktivierungsmaßnahmen aus der Statistik fallen“, kritisierte die Grünen-Politikerin Beate Müller-Gemmeke. „Sie gelten nicht mehr als arbeitslos, obwohl sie keinen Schritt näher an einem Job sind. Diese Schönrechnerei auf dem Rücken der Menschen ist absurd und muss endlich beendet werden.“¹

Mit der Einführung von Hartz IV sollten Arbeitslose auch „gefördert“ werden. Das Fördern mündet seitdem häufig in Weiterbildungsmaßnahmen. Doch diese Kurse stehen in der Kritik.

Die Jobcenter sollen Langzeitarbeitslose für den Arbeitsmarkt fit machen. Viele Hundert Millionen Euro geben sie für diese Maßnahmen aus. Doch mittlerweile zweifeln viele am Sinn solcher Kurse: Manche Erwerbslose müssen Tierbilder ausmalen oder Murmelbahnen bauen. Selbst der Bundesrechnungshof kritisiert, dass ein Großteil solcher Maßnahmen die Eingliederung der Erwerbslosen nicht fördere, sondern gar behindere. Anstatt sich um einen Job zu kümmern, rauben diese Kurse Zeit und Energie, sagen Experten. Dennoch nehmen die Teilnehmerzahlen an solchen Maßnahmen seit Beginn des Jahrzehnts zu - obwohl es immer weniger Arbeitslose gibt.

Für Prof. Stefan Sell von der Hochschule Remagen ist dies das Ergebnis einer vollkommen verfehlten Förderpolitik. Denn während immer mehr Erwerbslose scheinbar „Sinnlos-Kurse“ besuchen, bekommen immer weniger eine Förderung für Weiterbildungen mit anerkannten Abschlüssen. Der Staat spare damit Geld, denn die kurzfristigen Maßnahmen seien wesentlich günstiger als eine monatelange Weiterbildung, sagt Sell. Experten vermuten dahinter eine konkrete Absicht: Denn indem möglichst viele Arbeitslose in kostengünstige Bildungskurse gesteckt werden, erscheinen diese nicht mehr in der offiziellen Arbeitslosenstatistik.²

¹Rheinische Post ²ZDF Presse und Information

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