Der drohende Brexit belastet auch die Verbrechensbekämpfung in Deutschland und Großbritannien: Erst im August haben die beiden Länder nach einem Bericht der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ in einem ersten Schwung Hunderttausende digitalisierte DNA-Spuren ausgetauscht. Durch den Austritt der Briten aus der EU muss die Datenleitung aber wohl wieder gekappt werden. Dabei verzeichneten die Ermittler gleich im ersten Anlauf Hunderte Treffer, die nun weiter ausgewertet werden.
Eine Sprecherin des BKA teilte der NOZ mit, deutsche Ermittler hätten „rund 350.000 DNA-Muster aus ungeklärten Tatortspuren“ in digitaler Form an Großbritannien geschickt. Diese seien mit 220.000 ungeklärten DNA-Spuren sowie 660.000 Personenmustern abgeglichen worden. Im Gegenzug habe Großbritannien 220.000 Spuren geschickt, die auf deutscher Seite mit den 1,2 Millionen gespeicherten DNA-Mustern verglichen worden sind. Seitdem fände ein regelmäßiger Datenaustausch statt. „Dabei erzielten die deutschen Spuren bislang 935 Treffer im britischen Datenbestand, während britische Spuren zu 736 Treffern […] führten“, so die Sprecherin. Bei zwei Dritteln der Treffer zu deutschen Spuren habe es sich um Delikte aus dem Bereich Diebstahl und Unterschlagung gehandelt. 79 Treffer gingen auf den Bereich Raub und Erpressung zurück, 26-mal ging es um Tötungsdelikte. Die weitere Auswertung erfolge durch die jeweiligen Polizeibehörden vor Ort.
Der geplante Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union macht das entsprechende Abkommen zwischen Deutschland und Großbritannien hinfällig. „Im Falle eines Brexits müsste die seit August bestehende Datenverbindung zum DNA-Abgleich nach jetzigem Stand wieder gekappt werden“, so das BKA. Mathias Middelberg, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, warnte in der NOZ vor Problemen bei der Kriminalitätsbekämpfung. Im Falle eines Brexits mit Abkommen sollte die jetzige Regelung übergangsweise für zwei Jahre beibehalten werden, warb der CDU-Politiker. Im Falle eines harten Brexits drohten „schmerzhafte Erkenntniseinbußen“. Middelberg forderte: „Die Bundesregierung muss im Falle eines ‚No Deal‘-Brexits umgehend Verhandlungen mit den Briten über einen bilateralen Austausch sicherheitsrelevanter Daten aufnehmen.“¹
EU-Staaten einigen sich auf Brexit-Verschiebung
Die Botschafter der EU27 haben grünes Licht für einen Aufschub für den Brexit bis 31. Januar 2020 gegeben. Das hat EU-Ratspräsident Donald Tusk bestätigt. Die Botschafter einigten sich auf einen Beschlussentwurf zur Verlängerung der Frist gemäß Artikel 50, die das Vereinigte Königreich beantragt hatte. Sobald das Vereinigte Königreich dem heutigen Beschlussentwurf zugestimmt hat, wird das schriftliche Verfahren zur offiziellen Annahme des Textes durch die EU27 eingeleitet. Ein ungeordneter Brexit, der ohne Einigung am 31. Oktober gedroht hätte, ist damit zunächst abgewendet.
Der Entwurf sieht vor, dass der Austritt auch jeweils zum Monatsersten der vorangehenden Monate erfolgen kann, falls das Austrittsabkommen vorher ratifiziert wird. Eine Neuverhandlung des Austrittsabkommens in diesem Zeitraum wird durch den Beschlussentwurf jedoch ausgeschlossen.
Das Vereinigte Königreich bleibt bis zu seinem Austritt gemäß Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union ein Mitgliedstaat mit uneingeschränkten Rechten und Pflichten. Dazu gehört auch die Pflicht, einen Kandidaten für die Ernennung zum Kommissionsmitglied vorzuschlagen. Die weitere Verlängerung der Frist gemäß Artikel 50 darf die ordnungsgemäße Arbeitsweise der Union und ihrer Institutionen nicht beeinträchtigen.²
¹Neue Osnabrücker Zeitung ²Europäische Union