Im Zuge der Covid-19-Pandemie nimmt der industrielle Energieverbrauch ab. Die Preise für fossile Brennstoffe wie Heizöl sinken deutlich. Doch Strom bleibt für die Haushalte teuer, denn die Großhandelspreise für Strom machen nur einen geringen Teil des Endpreises aus. Das ist das Ergebnis einer Analyse der Energieexperten von Verivox.
Sinkende Preise im Strom-Großhandel
Die Preise an der Strombörse EEX haben zuletzt deutlich nachgegeben. „Doch viele Energieversorger kaufen zumindest einen Teil ihres Strombedarfs auf Jahre im Voraus ein. Kurzfristige Preisschwankungen können sie daher nur eingeschränkt nutzen,“ erklärt Valerian Vogel, Energieexperte des Vergleichsportals Verivox.
Energieversorger haben nun zumindest die Möglichkeit, sich günstiger mit Stromlieferungen in der Zukunft einzudecken. Eine Hochrechnung von Verivox hat ergeben, dass die Versorger für Lieferungen im Jahr 2021 rund 11 Prozent weniger als in diesem Jahr bezahlen könnten.
„Die günstigeren Großhandelspreise werden den Versorgern mehr Spielraum bei ihrer Angebotsgestaltung geben, doch die durchschnittlichen Strompreise für Haushalte werden dadurch nicht nennenswert sinken“, sagt Valerian Vogel.
Denn der Versorgeranteil für Beschaffung, Vertrieb und Marge macht nur rund 22 Prozent des Endpreises für private Verbraucher aus. Steuern, Abgaben und Umlagen hingegen haben einen Anteil von 54 Prozent am Verbraucherpreis. Die restlichen 24 Prozent entfallen auf Netz- und Messgebühren.“
Geringe Auswirkungen auf Haushaltsstrompreise
Ein Drei-Personen-Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden (kWh) bezahlt derzeit im bundesweiten Durchschnitt rund 1.206 Euro. Der Anteil der Energieversorger daran beträgt im Bundesschnitt rund 265 Euro. 652 Euro entfallen auf Steuern, Abgaben und Umlagen. Die Kosten für Stromnetz und Zähler machen 289 Euro aus.
Selbst wenn alle Energieversorger im kommenden Jahr ihren gesamten Strom 11 Prozent günstiger einkaufen und diesen Preisvorteil vollständig an die privaten Kunden weitergäben, würde nur der Anteil für Beschaffung, Marge und Vertrieb (265 Euro) sinken. Blieben Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzgebühren gleich, würde der durchschnittliche Endpreis für private Verbraucher dadurch um weniger als 3 Prozent günstiger.
Verbraucher sollten selbst für günstigere Preise sorgen
„Unsere Hochrechnung zeigt, dass die niedrigeren Großhandelspreise selbst im Idealfall die Endpreise für Haushalte nur in geringem Maß beeinflussen“, sagt Valerian Vogel. „Daher raten wir den Verbrauchern, nicht auf Preissenkungen zu warten, sondern selbst die Strompreise zu vergleichen und zu einem günstigeren Stromanbieter zu wechseln. So können je nach aktuellem Tarif mehrere Hundert Euro pro Jahr eingespart werden.“
Die durchschnittlichen Kosten der Grundversorgung liegen für einen Verbrauch von 4.000 kWh derzeit bei 1.329 Euro. Das günstigste verfügbare Angebot mit empfehlenswerten Bedingungen liegt aktuell bei 1.033 Euro.¹
EEG-Umlage für 2020 / Erhöhung der EEG-Umlage ist Alarmsignal
Die Übertragungsnetzbetreiber haben die Umlage für 2020 auf 6,756 Cent pro Kilowattstunde festgelegt. Damit liegt diese um 5,5 Prozent höher als im vergangenen Jahr und um 231 Prozent höher als vor zehn Jahren. Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. fordert daher eine Novellierung des EEG. „Der Anstieg und die Höhe der Umlage zeigen, dass das Gesamtsystem nicht passt. Die Politik muss jetzt dringend handeln. Wir müssen die Erneuerbaren Energien zügig in ein marktwirtschaftliches System überführen, vor allem, da diese ein immer größeres Gewicht im Strommix einnehmen. Dazu gehört auch, den Einspeisevorrang auf den Prüfstand zu stellen. Gleichzeitig muss es Rechtssicherheit geben, dass der Energiepreis nicht nur stabil bleibt, sondern perspektivisch sinkt“, betont vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Das EEG und weitere staatlich veranlasste Kosten stehen heute bereits für mehr als die Hälfte des Strompreises. „Das belastet die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts und muss dringend behoben werden. Es ist deshalb sehr zu begrüßen, dass das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung eine schrittweise Absenkung der EEG-Umlage vorsieht. Die heutige Steigerung zeigt aber, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen. Hier dürfen wir nicht stehenbleiben: auch die Stromsteuer muss jetzt auf das europarechtlich zulässige Minimum gesenkt werden. Das gibt einen entscheidenden Impuls für den Klimaschutz, gerade im Hinblick auf die Sektorkoppelung“, fordert Brossardt.²
¹Verivox GmbH ²vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.